Gebirgsfliegertreffen in Rostock, Österreich
Erschienen im DULV info - Ausgabe 6/2020 - 39. Jahrgang 2020
Alex (Freitag, 3.7.2020, 22:54 Uhr):
Juhu! Was geht bei dir dieses Wochenende?
Moritz (22:55 Uhr): Was für eine Frage,
Fliegen natürlich!
Alex (22:55 Uhr): Mein Co ist eben
abgesprungen. Hab einen Savage-Platz
frei, um morgen um 11 Uhr nach Rostock
zu fliegen. Dann dort übernachten mit
den Gebirgsfliegern aus Österreich und
Sonntag zurück. Bock???
Moritz (23:01 Uhr): Hab mega Bock! Hab‘
nur leider gerade meinen Flugschülern
zugesagt – für Platzrunden und Notlandeübungen.
Aber ich glaub, ich muss denen
wieder absagen. Ist das das Rostock bei
Graz in Österreich?
Alex (23:02 Uhr): Ja, in der Nähe von
Wolfsberg. Komm mit und deine Flugschüler
werden später davon profitieren!
Moritz (23:06 Uhr): Ich check das mal
kurz ab.
Moritz (23:16 Uhr): Also check! Ich bin
dabei!
So begann das Gebirgsfliegerabenteuer ganz spontan, an einem Freitagabend, an dem ich schon beinahe im Bett gelegen bin, aber Alex Franke konnte mich zum Glück doch noch erreichen. So haben wir beide ein unvergessliches Wochenende zusammen in einer roten Savage erleben dürfen.
Alex Franke habe ich auf dem Fluglehrer-Theorielehrgang in Hofgeismar bei Kassel dieses Frühjahr im März kennengelernt. Seitdem waren wir ständig in Kontakt, da er ganz in meiner Nähe, im Süden Deutschlands zuhause ist. Er fliegt bei einer Flugschule, die in Bad Saulgau (EDTU), Illertissen (EDMI) sowie in Biberach an der Riss (EDMB) stationiert ist. Mit zwei tollen Savage werden dort Flugschüler ausgebildet und Banner-Schlepps durchgeführt.
Ich, Moritz Futterer, bin auf dem schönen UL- Sonderlandeplatz Sauldorf-Boll (10nm SE von EDSN Neuhausen ob Eck) daheim und fliege dort schon seit 10 Jahren, nachdem ich vom Segelfliegen auf UL umgestiegen war.
Am nächsten Morgen um 10 Uhr war ich also in Saulgau zur Stelle. Mehr als eine neue Unterhose, eine Zahnbürste sowie die gute Kamera hatte ich nicht dabei. Wozu denn auch.
Nachdem der Flieger gecheckt und startklar war, sind wir nach Illertissen geflogen und haben dort Henry Bohlig und seine Frau Helga abgeholt. Im Formationsflug mit unserer Savage und der Wilga von Henry sind wir dann Richtung Kufstein die bayrischen Seen abgeflogen. Das Wetter war perfekt - blauer Himmel und freie Alpen, mit einer Schönwetterbewölkung überwiegend über den Gipfeln.
In Zell am See haben wir einen Tankstopp eingelegt und haben uns danach an den zweiten Teil der Strecke gemacht.
Die Berge sind einfach immer wieder beeindruckend!
Am Nachmittag, gegen drei Uhr ist Alex immer ruhiger geworden. Kurz vor dem Ziel bereitete er sich mental auf den Anflug in Rostock vor.
Rostock in Österreich ist normalerweise 365 Tage im Jahr lediglich eine Ansammlung von landwirtschaftlichen Gebäuden in mitten der Steiermark, kurz vor der slowenischen Grenze. In diesem Jahr fand dort jedoch das Gebirgsfliegertreffen statt. Eine einfache, bucklige Kuhwiese (frühere Notlandewiese des Militärs) wurde kurzerhand mit Ausnahmegenehmigung für zwei Tage zu einer Start- und Landebahn mit etwas mehr als 200 Metern erklärt.
Der Anflug an sich war das spannende Finale eines genialen Fluges quer über die Alpen. Diese Landewiese ist durch die örtlichen Gegebenheiten (bergauf und Baumschneise) immer nur aus einer Richtung anzufliegen und von der Gegenrichtung aus ist wieder zu starten. Im Prinzip entspricht der Anflug dem englischen „overhead-joining“ Verfahren. Die in Österreich übliche Platzrunde wird im overhead-joining Verfahren durch eine „Upwind“ Strecke oberhalb der Platzrundenhöhe erweitert.
Außerhalb des Anfluges gibt es in jeder Himmelsrichtung sogenannte „Holdings“, damit bei zu viel anfliegendem Verkehr hier Warteschleifen gedreht werden können. Hat man dann eine Freigabe zum Anflug auf Rostock, muss über drei Pflichtmeldepunkte geflogen werden. Dabei wird vereinfacht in zwei Schleifen über dem Landefeld die Höhe abgebaut. Im Gegenanflug geht es dann direkt einem Gebirgshang entlang. Irgendwann im Endanflug gibt es dann einen „Point-of-no-return“ – danach ist dann einfach kein Durchstarten mehr möglich.
Gerade die Landungen auf einer sonst friedlichen Kuhweide mitten in der Natur sind es, die den österreichischen Gebirgsfliegern so gut gefallen. Sie möchten ihre Tradition gerne weiterführen und veranstalten deshalb im Jahr mehrere solcher Treffen in Österreich. Daran teilnehmen und diese speziellen Orte anfliegen ist aber nur mit entsprechender Erfahrung und schriftlicher Anmeldung möglich.
Der Nachmittag ging rasend schnell vorbei, denn es gab die verschiedensten Flugzeuge am Boden und auch in der Luft zu bestaunen. Nach einem leckeren Abendessen im direkt angrenzenden Bio-Hotel, in dem wir auch übernachtet haben, folgte der gemütliche Teil des Tages rund um den Fliegerstammtisch. Aber das kennt ihr ja…
Am nächsten Morgen, direkt nach dem Frühstück, ging es nach einem Abschlussfoto auch schon wieder los. Um 10 Uhr bereiteten sich alle Piloten, es hatten ungefähr 25 bis 30 Flugzeuge übernachtet, auf den Start vor. Um 12 Uhr musste die Landewiese wieder in eine Kuhweide zurückverwandelt worden sein, denn nur bis Mittag galt die Ausnahmegenehmigung.
Nach dem Start sind wir dann aber doch noch im nahe gelegenen Wolfsberg nochmal gelandet und haben die Tanks bis zum oberen Rand aufgefüllt. Anschließend ging es ab Richtung Norden. Bei einem Zwischenstopp in St. Johann in Tirol wurden schließlich auch noch unsere Mägen wieder aufgefüllt.
Nach einer Gesamtflugzeit von acht Stunden an den beiden Tagen sind wir wieder wohlbehalten in Bad Saulgau angekommen und ich kann nur begeistert sagen: „Savage fliegen ist so toll, dass man die Schmerzen vom harten (Sitz-) Brett gerne in Kauf nimmt.“
Vielen Dank an Alex Franke, der mich so spontan mitgenommen hat und vielen Dank an Henry Bohlig, der uns die Savage überlassen hat und uns als Flügelmann prima durch die Alpen geführt hat. Es war eine tolle Erfahrung, die ich so schnell nicht vergessen werde.
Text und Fotos: Moritz Futterer